Der todte Freier

  
Quellen: Deutscher Liederhort (Hrsg.): Ludwig Erk 1856
Aufzeichnung: mündlich aus der Gegend von Meran
Auch bekannt unter:
Anstimmen:
  
1Es gieng ein Knab spazieren,
wol am Schlaffenster hin,
Herzliebste, bist du drinnen,
ei steh auf und laß mich ein.
2Ich bin jetzt zwar hierinnen,
aber rein laß ich dich nit,
ich habs einem Anderen versprochen,
vielleicht derselbe bin ich.
3Streck nur aus dein schneeweiß Händlein,
ei vielleicht erkennst du mich,
mich däucht, du schmeckst wie die Erde,
ich hab gemeint, daß du seist todt.
4Von der Erde kann ichs leicht schmecken,
weil ich komm von derselben her,
es ist schon achthalb Jahre,
seit ich gestorben bin.
5Weck nur auf dein Vater und Mutter,
weck nur auf all deine Freund,
weck nur auf dein Bruder und Schwester,
und die Hochzeit ist schon bereit.
6Thu dich hübsch und schön aufputzen,
setz nur auf dein grün Kränzlein,
mit roten Seide gebunden,
wolln wir fahrn in Himmel hinein.
7Bald das erste Glöcklein läutet,
macht die Braut das Testament,
bald das andre Glöcklein läutet,
nahm sie auf ein glückseligs End.
8Zwei Herzliebste die sind verschieden,
verschieden bei der Nacht,
und Gott Vater war selbstens der Priester,
gabs dieselbgen Brautleut zusammn.
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