Neidharte

  
Quellen: Alte hoch- und niederdeutsche Volkslieder. (Hrsg.): Ludwig Uhland. Stuttgart: Cotta'sche Buchhandlung 1881.
Aufzeichnung:
Auch bekannt unter:
Anstimmen:
  
1Was wöllen wir aber haben an?
der sommer fert uns von hinnen,
es kumt ein kalter winter her,
der lebt nach seinen tollen sinnen,
geschwigen seind uns die vögelein,
die haben so wol gesungen,
darzu die gelben blümelein:
die sten wol in dem meienschein,
der kalte winter hat sie vertrungen.
2Nun grüß dich gott, du werder Neithart frei,
wo du wonest in deines vaters reiche,
verleich uns deiner tollen sinn zwo oder drei!
daß wir die groben pauren erdeichen;
der weiß ich so vil an einer schar
gar ferr an einem reinen,
es geschah wol heur zu disem jar,
das lindlein stund in grüner far,
des frewet sich der sommer, der meie.
3Wenn es kumt gegen des herbstes zeit
so heben sich vil der kirmessen,
so hebt sich denn ein große magenfüll,
ein saufen und ein freßen;
zu halben, ganzen saufen sie einander zu
auß kandeln und auß krügen
vor geitigkeit werden sie nimmer vol,
darzu hilft in das saufen wol,
im rück sind sie ungefüge.
4Do hub ein grober paur an und sprach:
"ich wil gen über quere felde,
ich wil auf ein kirchweih gan
und ein pauren ser übel schelten
wol umb ein apfel, der was rot,
wol zu den selbigen zeiten,
er was so rot als nindert kein blüt,
un den mir jungfraw Keterlein bot,
sie zog in auß irem beutel!"
5Do sprach aber ein junger paur:
"es wär nirgend beßer tanzen
denn unter der grünen linden!"
gar bald het es ein ander erdacht,
er hub an und lief also geschwinde:
"ei lieber, nun laß dein sorgen bei zeit!
der wirt hat ein stuben ist weit,
der wirt hat ein stuben ist groß,
darein kumt Schlürkus und sein genoß,
so sauf wir den abent als den morgen."
6Und do der meister das morgenmal aß
do hub er an und pfif in ein hole tülle,
wol in ein hölzlein das was hol,
vor freuden sprang auf mancher grober paurtrülle
wol über benk und über tisch,
die selbigen groben leute,
der ein was faul, der ander nit frisch,
gar bald einer hinter dem andern her wischt,
so sach man vil der dorfbreute.
7Do kam die junkfraw Kiferkete
und die alte fraw vor Gerdraute
darzu des Hensels Hampels braut,
erst hub der meister an zu teuten;
do pfif er ir den firlefanz
wol nach der dörfer sitten,
do tanzten sie den hottostan,
der edelman kam auch selber dran,
er wolt auch tanzen mitte.
8do kam ein grober filz und wolt zerstörn den tanz
den junkfraw Kiferketer fürte,
darvon blib im sein haut nit ganz
wo in die scharpfen glitschen hin rürten;
do sach man gar vil der Paßawer schwert
wol umb die köpf her dringen,
der ein fiel hin, der ander her,
dem herren kamen gar bald die mär:
es hub sich ein groß gedrümmel.
9Und do der dorfherr ins gedrümmel kam
do sprang er über quere benke,
er trat ein ku und ein kalb zu tod
und vier und vierzig lemmre;
also geschieden sie den streit
das beste das si kunden:
het einer dem andern die schwester gefreit,
und das geschicht auf der dörfer neit,
ir fünf heten einander genummen.
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