| 1 | Es stand eine Linde im tiefen Thal, |:war oben breit und unten schmal.:| |
| 2 | Worunter zwei Verliebte saßen, |:und die vor Freud ihr Leid vergaßn.:| |
| 3 | Feins Liebchen wir müßen von einander, |:ich muß noch sieben Jahr wandern.:| |
| 4 | Mußt du noch sieben Jahr wandern, |:heirath ich mir keinen Andern.:| |
| 5 | Und als die sieben Jahr umme warn, |:sie meinte ihr Liebchen käme bald.:| |
| 6 | Sie ging wohl in den Garten, |:ihr Feinslieb zu erwarten.:| |
| 7 | Sie gieng wohl in das grüne Holz, |:da kam ein Reiter geritten stolz.:| |
| 8 | Gott grüß dich, du Hübsche du Feine, |:was machst du hier alleine.:| |
| 9 | Ist dir dein Vater oder Mitter gram, |:oder hast du heimlich einen Mann.:| |
| 10 | Mein Vater und Mutter ist mir nicht gram, |:ich hab auch heimlich keinen Mann.:| |
| 11 | Heut sinds drei Wochen über sieben Jahr, |:daß mein Feinsliebchen ausgewandert war.:| |
| | 12 | Gestern bin ich geritten durch eine Stadt, |:da dein Feinsliebchen hat Hochzeit gehat.:| |
| 13 | Was thust du ihm denn wünschen an, |:daß er seine Treu nicht gehalten hat.:| |
| 14 | Ich wünsch ihm all das Beste, |:so viel der Baum hat Äste.:| |
| 15 | Ich wünsch ihm so viel gute Zeit, |:so viel als Stern am Himmel sein.:| |
| 16 | Ich wünsch ihm so viel Glück und Segen, |:als Tröpflein die vom Himmel regnen.:| |
| 17 | Was zog er von dem Finger sein, |:ein Ring von rothem Golde fein.:| |
| 18 | Er warf den Ring in ihren Schooß, |:sie weinte, daß das Ringlein floß.:| |
| 19 | Was zog er aus seiner Taschen, |:ein Tuch, schneeweiß gewaschen.:| |
| 20 | Trockn ab, trockn ab dein Augelein, |:du sollst fürwahr mein eigen sein.:| |
| 21 | Ich thät dich ja nur versuchen, |:ob du würdst schwören oder fluchen.:| |
| 22 | Hättst du einen Fluch oder Schwur gethan, |:so wär ich gleich geritten davon.:| |
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