Die Lind im Thale

  
Quellen: Deutscher Liederhort (Hrsg.): Ludwig Erk, 1856
Aufzeichnung: Mündlich überliefert
Auch bekannt unter:
Anstimmen:
  
1Es stand eine Linde im tiefen Thal,
|:war oben breit und unten schmal.:|
2Worunter zwei Verliebte saßen,
|:und die vor Freud ihr Leid vergaßn.:|
3Feins Liebchen wir müßen von einander,
|:ich muß noch sieben Jahr wandern.:|
4Mußt du noch sieben Jahr wandern,
|:heirath ich mir keinen Andern.:|
5Und als die sieben Jahr umme warn,
|:sie meinte ihr Liebchen käme bald.:|
6Sie ging wohl in den Garten,
|:ihr Feinslieb zu erwarten.:|
7Sie gieng wohl in das grüne Holz,
|:da kam ein Reiter geritten stolz.:|
8Gott grüß dich, du Hübsche du Feine,
|:was machst du hier alleine.:|
9Ist dir dein Vater oder Mitter gram,
|:oder hast du heimlich einen Mann.:|
10Mein Vater und Mutter ist mir nicht gram,
|:ich hab auch heimlich keinen Mann.:|
11Heut sinds drei Wochen über sieben Jahr,
|:daß mein Feinsliebchen ausgewandert war.:|
12Gestern bin ich geritten durch eine Stadt,
|:da dein Feinsliebchen hat Hochzeit gehat.:|
13Was thust du ihm denn wünschen an,
|:daß er seine Treu nicht gehalten hat.:|
14Ich wünsch ihm all das Beste,
|:so viel der Baum hat Äste.:|
15Ich wünsch ihm so viel gute Zeit,
|:so viel als Stern am Himmel sein.:|
16Ich wünsch ihm so viel Glück und Segen,
|:als Tröpflein die vom Himmel regnen.:|
17Was zog er von dem Finger sein,
|:ein Ring von rothem Golde fein.:|
18Er warf den Ring in ihren Schooß,
|:sie weinte, daß das Ringlein floß.:|
19Was zog er aus seiner Taschen,
|:ein Tuch, schneeweiß gewaschen.:|
20Trockn ab, trockn ab dein Augelein,
|:du sollst fürwahr mein eigen sein.:|
21Ich thät dich ja nur versuchen,
|:ob du würdst schwören oder fluchen.:|
22Hättst du einen Fluch oder Schwur gethan,
|:so wär ich gleich geritten davon.:|
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