Der Gefangene

  
Quellen: Deutscher Liederhort (Hrsg.): Ludwig Erk 1856
Aufzeichnung: Mündlich, aus der Gegend von Frankfurt a.M.
Auch bekannt unter:
Anstimmen:
  
1|:Es waren einmal zwei junge Knabn,
die wollten in die Fremd nein gehn:|
|:dem Einen hats schlecht gegangen,
ein König nahm ihn gefangen,
gefangen nahm er ihn.:|
2|:Wenn das mein Vater und Mutter wüßt,
daß ich gefangen bin:|
|:ein Brieflein das thäten sie mir schreiben,
an die Herzallerliebste meine,
ja schreiben thäten sie bald.:|
3|:Als nun das Mädchen erfahren hat,
daß er gefangen saß:|
|:da gieng sie mit Trauern und Weinen,
zu Straßburg wol über den Rheine,
bis vor des Hauptmanns Haus.:|
4|:Ach Hauptmann, lieber Hauptmann mein,
eine Bitt hab ich an Euch:|
|:den Gefangenen den sollt ihr mir schenken,
sein Leben soll ihm gedenken,
ja schenken sollt ihr mir ihn.:|
5|:Ach Mädchen, liebes Mädchen mein,
das kann und darf nicht sein:|
|:der Gefangene und der muß sterben,
Gottes Reich soll er ererben,
ja sterben muß er bald.:|
6|:Das Mädchen dreht sich um und um,
und spricht kein Wörtchen mehr:|
|:sie gieng mit Trauern und Weinen,
zu Straßburg wol über den Rheine,
bis vor das Gefangenen Haus.:|
7|:Gefangener, liebster Gefangener mein,
es kann und darf nicht sein:|
|:der Gefangene und der muß sterben,
Gottes Reich soll er ererben,
ja sterben mußt du bald.:|
8|:Was zog sie unter ihrer Schürze vor,
ein Tüchlein kreideweiß:|
|:Nimm hin du Hübscher und Feiner,
du Herzallerliebster meiner,
trockn ab den kalten Schweiß.:|
9|:Was zog er von dem Finger sein,
einen Ring von feinstem Gold:|
|:Nimm hin, du Hübsche und Feine,
du Herzallerliebste meine,
den trag nach meinem Tod.:|
10|:Was soll ich mit dem Ringlein thun,
wenn ichs nicht tragen darf:|
|:Leg ihn in Kisten und Kasten,
laß ihn ruhen, laß ihn risten und rasten,
bis an den jüngsten Tag.:|
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