| 1 | Es ritt ein Ritter wol durch das Ried, er fieng es an ein neues Lied, gar schöne thät er singen, daß Berg und Thal erklingen. |
| 2 | Das hört des Königs Töchterlein, in ihres Vaters Schlafkämmerlein, sie flocht ihr Härlein in Seiden, mit dem Ritter wollte sie reiten. |
| 3 | Er nahm sie bei ihrem seidnen Schopf, und schwung sie hinter sich auf sein Roß, sie ritten in einer klein Weile, wol vierzig und zwanzig Meilen. |
| 4 | Und da sie zu dem Wald naus kamn, das Rößlein das will Futter han, Feins Liebschen, hier wollen wir ruhen, das Rößlein das will Futter. |
| 5 | Er spreit sein Mantel ins grüne Gras, er bat sie, daß sie zu ihm saß, Feins Liebchen, ihr müsset mir lausen, mein gelbkraus Härlein durchzausen. |
| | 6 | So manches Schauen und das sie thät, so manches Tröpflein fiel auf die Erd, er schaut ihr wol unter die Augen, warum weinet ihr, schöne Jungfraue. |
| 7 | Warum sollt ich nicht weinen und traurig sein, ich bin ja des Königs Töchterlein, hätt ich meinem Vater gefolget, Frau Kaiserin wär ich worden. |
| 8 | Kaum hätt sie das Wörtlein ausgesagt, ihr Häuptlein auf der Erden lag, Jungfräulein hättest du gechwiegen, dein Häuptlein das wär dir geblieben. |
| 9 | Er kriegt sie bei ihrem seidenen Schopf, und schlenkert sie hinter ein Hollerstock, da liege, feins Liebchen, und faule, mein junges Herze muß trauren. |
| 10 | Er nahm sein Rößlein bei dem Zaum, und band es an ein Wasserstrom, hier steh mein Rößlein und trinke, mein jung frisch Herze muß sinken. |
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