| 1 | Ich weiß mir ein Liedlein hübsch und fein, wohl von dem Wasser, wohl von dem Wein. Den Wein kann's Wasser nicht leiden, sie mussten halt alleweil streiten. |
| 2 | Da sprach der Wein: bin ich so fein, man führt mich in alle Länder hinein, man führt mich in's Wirts seinen Keller, und trinkt mich als Muskateller. |
| 3 | Da sprach das Wasser, bin ich so fein, ich laufe in alle Länder hinein, ich laufe dem Müller um's Hause, und treibe das Rädlein mit Brause. |
| 4 | Da sprach der Wein: bin ich so fein, ich glänze wie rot Rubinenstein, auf Bechern, Backen und Nasen, wenn festlich Drometen blasen. |
| 5 | Da sprach das Wasser: bin ich so fein, man braucht mich in den Badstüblein, darinnen manch Jungfraue, sich badet kühl und laue. |
| 6 | Da sprach der Wein: bin ich so fein, man schenkt mich in Doktoren ein, wenn's Lichtlein nit will leuchten, geh'n sie bei mir zur Beichten. |
| 7 | Da sprach das Wasser: bin ich so fein, es gehen die Schiffe groß und klein, Sonn, Mond auf meinen Strassen, die Erd tu ich umfassen. |
| | 8 | Da sprach der Wein: bin ich so fein, ich spring aus Marmorbrünnelein, wenn sie den Kaiser krönen, zu Frankfurt wohl auf dem Römer. |
| 9 | Da sprach das Wasser: ich bin so fein, zu Nürnberg auf dem Kunstbrünnelein, spring ich mit feinen Listen, den Meerweiblein aus den Brüsten.
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| 10 | Da sprach der Wein: bin ich so fein, ich darf wohl Lacrimae Christi sein, wenn füllet in Andacht den Becher, der allerfrömmste Zecher. |
| 11 | Da sprach das Wasser: bin ich so fein, ich lauf dir über die Wurzel hinein, wär ich zu dir nicht geronnen, du hättest nicht können kommen. |
| 12 | Da sprach der Wein: und du hast recht, du bist der Meister und ich bin der Knecht, dein Recht will ich dir lassen, fahr du nur deiner Strassen. |
| 13 | Das Wasser sprach noch: hättest du mich nicht erkannt, du wärst sogleich an der Sonne verbrannt, sie wollten so länger noch streiten, da mischte der Schankwirt die beiden. |
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