| 1 | Es wollt ein Herr ausreiten, er ritt wol in die Weite. |
| 2 | Er ritt wol übern geweihten Kirchhof, da schrien ihm die Todten nach. |
| 3 | Reit sachte, o lieber Herre mein, du reitest mir über mein Gräbelein. |
| 4 | s ist heutigen Tags ein Jahr gewest, und das du mich erschlagen hast. |
| 5 | Hab ich dich gleich erschlagen, die Sünde muß ich tragen. |
| 6 | Ich hab mir genommen dein Wittfräulein, ich erzieh dir deine Waiselein. |
| 7 | Mit was ziehst du meine Kindlein groß, mit Beten, Schlägen und scharfer Noth. |
| 8 | Hättst du mich lieber am Leben gelan, ich hätt mir sie wollen schon selber schlan. |
| 9 | Ich laß meiner Frau mittesagen, sie soll nicht so weinen und wehklagen. |
| 10 | Sie soll nicht so weinen und traurig thun, sie stört mir meine ganze Ruh. |
| 11 | Sie soll auf den Abend kommen zu mir, wenn alle die Leute werdn schlafen gehn. |
| 12 | Wenn alle die Thüren verschlossen sein, und alle die Gräber weit offen sein. |
| 13 | Sie soll mir mittebringen, von weißer Leinwand ein Hemde. |
| 14 | Das erst ist mir geworden so naß, was weint sie immer, was thut sie das. |
| 15 | Und wie der Herr zu Hofe einritt, die Frau ihm schon entgegen schritt. |
| | 16 | Bis mir willkommen, o Herre mein, warum thust du denn so lange sein? |
| 17 | Warum soll ich denn nicht lange sein, wenn mich die Todten aus den Gräbern anschrein. |
| 18 | Dein vorger Mann läßt dir mittesagen, du sollst nicht so weinen und wehklagen. |
| 19 | Du sollst nicht so weinen und traurig thun, du verstörst ihm seine ganze Ruh. |
| 20 | Du sollst auf den Abend kommen zu ihm, wenn alle die Leute werdn schlafen gehn. |
| 21 | Wenn alle die Thüren verschlossen sein, und alle Gräber weit offen sein. |
| 22 | Du sollst ihm mittebringen, von weißer Leinwand ein Hemde. |
| 23 | Warum hast du gemacht ihm den Kittel so naß, ach lieber Gott, warum thust du das? |
| 24 | Ich will ihm ein Hemde lassen schneiden, von lauter Sammet und von Seiden. |
| 25 | Von Sammet und Seiden und rothem Gold, weil ich an seinem Todt bin schuld. |
| 26 | Der Herr der war nicht faule, er schlug die Frau ins Maule. |
| 27 | Er schlug die Frau ins Angesicht, ist dir dein vorger Mann lieber als ich. |
| 28 | Die Frau die nahm ihr ein Stecken, sie gieng auf den Kirchhof wecken. |
| 29 | Thu dich auf, thu dich auf, du Erdenkloß, und nimm mich hinunter in seinen Schooß. |
| 30 | Was willst du denn hier unter thun, hier unten hast du keine Ruh. |
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