Die Eule und der Adler

  
Quellen: Deutscher Liederhort (Hrsg.): Ludwig Erk 1856
Aufzeichnung: mündlich aus Schlesien (Waltdorf bei Neiße) mitgeteilt durch Prof. Hoffmann v. Fallersleben
Auch bekannt unter:
Anstimmen:
  
1Es saß eine Eule ganz allein,
wol auf dem breiten Steine,
da kam der Adler, der schönste Waldvogel,
was machst du hier alleine.
2Und was ich hier alleine mach,
ich bin ein arme Waise,
der Vater ist mir im Krieg erschlagn,
die Mutter gestorben vor Leide.
3Ist dir der Vater im Krieg erschlagn,
die Mutter gestorbn vor Leide,
willst mich zu einem Manne habn,
ich nehm dich zu einem Weibe.
4Die Eule streicht ihr sGewimper aus,
sie schaut ihm unter die Augen,
Ei Adler, wärst der schönste Waldvogel,
man darf dich wol nicht trauen.
5Und wenn du mir nicht trauen willst,
mein Ehr setz ich zu Pfande,
zieh du zuvor, ich zieh dir nach,
so ziehn wir aus dem Lande.
6Und wie sie kamen in Adlers Land,
in Adlers sein Geniste,
da gabs der Federn gar so viel,
aus anderen Vögeln gerissen.
7Ei seht nur, seht, ihr Mädel jung,
und laßt euch nicht betrügen,
die Knäblein die am schönsten sind,
die sind die größten Lügner.
8Und wenn sie eine betrogen han,
so ziehn sie aus dem Lande,
das gute Mädel mag sitzen bleibn,
in lauter Spott und Schande.
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