Häsleins Klage

  
Quellen: Deutscher Liederhort (Hrsg.): Ludwig Erk 1856
Aufzeichnung: mündlich durch ganz Deutschland verbreitet nach fliegenden Blättern aus
Auch bekannt unter:
Anstimmen:
  
1Gestern Abend gieng ich aus,
gieng wol in den Wald hinaus,
saß ein Häslein in dem Strauch,
guckt mit seinen Äuglein raus,
armes Häslein, was du sagst,
und ganz heimlich zu mir klagst.
2Was will denn der Waidemann,
hetzt auf mich die Hündlein an,
wenn der Jäger mich ertappt,
und das Windspiel mich erschnappt,
hält er mir die Büchse her,
als wenn sonst kein Has mehr wär.
3Bringt der Jäger mich nach Haus,
zieht r mir Pelz und Hosen aus,
legt mich auf das Küchenbrett,
spickt mir n Buckel brav mit Speck,
steckt den Spieß von hinten ein,
wie kann er so grob doch sein.
4Wenn ich dann gebraten bin,
trägt man mich zur Tafel hin,
der Eine schneidt sich ab sein Theil,
der Andre bricht mir sBein entzwei,
der Dritte nimmt sich sAllerbest,
nehmt vorlieb ihr lieben Gäst.
5Nun bin ich todt, ich armer Has,
geh dem Bauer nicht mehr ins Gras,
geh zum Bauer nicht mehr ins Kraut,
habs bezahlt mit meiner Haut,
wenn ich an mein Schicksal denk,
es mich recht von Herzen kränkt.
6Lange Ohrn, das Maul ist breit,
und der Kopf sehr ungescheit,
stumpfe Zähn, ein langen Bart,
als wär ich von Katzenart,
wenn ich an mein Schicksal denk,
es mich recht von Herzen kränkt.
7Ein Schwänzlein hab ich, das ist klein,
wünscht, es möchte größer sein,
weil es nun nicht größer ist,
muß es bleiben wie es ist,
wenn ich an mein Schicksal denk,
es mich recht von Herzen kränkt.
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